FREIGEDACHT

SETA – die Suche nach außerirdischen Hinterlassenschaften

30. Oktober 2014

(Teile des Vortrages „Buzz Aldrin, SETA und die Wissenschaft“ vom 25. Oktober 2014 in Bremen)

Der US-Physiker Robert A. Freitas und der Astronom Francisco Valdes von der University of California verwendeten erstmals bei der Bezeichnung ihres Projekts, bei dem sie aktiv nach außerirdischen Artefakten in den Lagrange-Punkten suchten, das Akronym SETA. (Search for Extraterrestrial Artifacts) Meine erste Vorstellung von ETA waren Gesteinsblöcke bzw. technologische Hinterlassenschaften der Besucher aus dem All. Dass genau diese begrenzte Sichtweise heute nicht mehr Usus ist, verdanken wir hauptsächlich dem US-Physiker Robert A. Freitas. Er fasste den Begriff Artefakt viel breiter und definierte ihn weitläufiger. 1983 hat er in seiner Artefakt-Hypothese folgendes näher erläutert, „dass bestimmte technologisch hochstehende extraterrestrische Gesellschaften Langzeitprogramme für die interstellare Erforschung etabliert haben, bei denen materiell stoffliche Artefakte vorzugsweise in ausgewählten Sonnensystemen deponiert werden. Sofern diese Objekte nicht absichtlich getarnt wurden und für technisch gereifte Spezies gut lokalisierbar und beobachtbar sind, sollten unsere Wissenschaftler sie bei entsprechender Anstrengung auch finden können.“

Weiters unterscheidet Freitas zwischen aktiven und passiven Artefakten. Auf der einen Seite nennt er die passiven, hier handelt es sich um Gegenstände wie beispielsweise Denkmäler, künstlich geformte Monolithen in der sich möglicherweise von ihren Erschaffern versteckte Daten befinden, oder beispielsweise auch hochsensible Reflektoren. Auf der anderen Seite gibt es die aktiven Artefakte. Hier handelt es sich um aktive, sich selbst reparierende Sonden, die absichtlich von ihren Erschaffern in andere Sonnensysteme gebracht wurden. Laut Freitas ist dies die wahrscheinlichere Art eines Artefakts, weil diese selbst in der Form von Radiostrahlen, Lichtsignale oder andere signifikante Zeichen auf sich aufmerksam machen.

Bei der Suche nach außerirdischen Artefakten stellen sich vier grundlegende Fragen. Was sucht man? Wie sucht man? Wo sucht man? Und vor allem, wer finanziert das Ganze? Anhand von jeweils einem Beispiel möchte ich Ihnen zeigen, wie sich die Suche gestalten könnte.

RAUMKAPSELN À LA VOYAGER
Eine Art der Artefakte, nach denen sich laut den Wissenschaftlern Christopher Rose vom „Wireless Information Network Laboratory“ und dem Physiker Gregory Wright, es sich lohnt zu suchen, sind sogenannte Raumkapseln. 2004 haben die beiden eine Formel entwickelt, die zu dem Ergebnis führte, dass es für extraterrestrische Wesen weitaus günstiger ist, Botschaften in Raumkapseln zu verstecken. Licht- oder Radiowellen wären demnach viel zu teuer und würden unnötig viel Energie verbrauchen, außerdem würden sie bei zunehmender Entfernung immer schwächer. Sofern der Faktor Zeit für die sendende Botschaft nicht im Vordergrund steht, sei beispielsweise eine auf einem Material eingeschriebene Botschaft effektiver. Mit den Raumsonden Voyager I und II, die wir 1977 von Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida auf diese große Reise mit unbekanntem Ziel schickten, haben wir es ja bereits ähnlich gemacht.

DER MOND ALS POTENZIELLER SUCHORT
Der Erdtrabant ist aus mehreren Gründen ein geeignetes Objekt für die Suche nach außerirdischen Artefakt. Im Vergleich zu unserer Erde gibt es ein paar Eigenschaften, die den Schluss zulassen, dass  es für die außerirdischen sinnvoller gewesen ist, auf dem Mond, und nicht auf der Erde Artefakte zu platzieren. Die Tatsache, dass der Erdmond keine Atmosphäre im eigentlichen Sinn besitzt macht ihn zu einem wahrscheinlichen Kandidaten auf der Suche nach einem ETA. Keine Umwelteinflüsse, abgesehen von wenigen Einschlägen, garantieren eine hohe Lebensdauer des Artefakts.

Der britische Physiker und Sachbuchautor Paul Davies schlug 2011 vor, die Daten des Mondsatelliten Lunar Reconnaissance Orbiter „LRO“ systematisch auszuwerten. Ziel der Sonde ist es, eine hochauflösende Kartierung der gesamten Mondoberfläche herzustellen. Im März 2012 wurde übrigens das erste Foto der Landestelle der Apollo 11 Mission in einer Höhe von 24 km veröffentlicht.  Dank der hohen Auflösung (es handelt sich um eine hochsensible Engwinkelkamera, Auflösung ein Viertelmeter pro Pixel) wurden bereits auch schon Artefakte gefunden. Nur leider sind alle menschengemacht. Man konnte die zurückgelassenen Rucksäcke der Astronauten, die Landeplätze der verschiedenen Apollo-Missionen und auch die Fußspuren der Astronauten lokalisieren. Wenn es schon gelingt, kleinere irdische Artefakte aufzustöbern, dann sollte das mit lunaren außerirdischen Artefakten doch auch kein Problem sein, so mutmaßte Davies. Ein Problem gibt es da allerdings noch. Die elendsgroße Datenmenge, die bei der NASA gespeichert ist. Eine Aufnahme hat 500 Megapixel. Pro Bild bräuchte ein Fachmann bis zu 30 Minuten. Geübte Rechner können sich bei der Menge von bis zu 1 Million Bildern am Ende der Mission, ausrechnen  wie lange es dauern würde. Aus diesem Grund wurde eine andere Methode favorisiert: Das Ziel ist es, die gesamte Datenmenge über Crowdsourcing zu bearbeiten. Die Webseite moonzoo.org geht unter anderem schon so vor. Auf der Webseite werden von den Usern so viele lunare Strukturen wie möglich klassifiziert. Hier gebe ich allerdings zu bedenken, dass Laien vielleicht zu schnell in eine gewagte Interpretation verfallen. Denn es ist bekannt, wenn man ganz verbissen nach einer auffälligen Struktur sucht, dann wird man diese auch finden. Für dieses Problem hat sich der britische Physiker auch etwas überlegt. Würde der Laie etwas Auffälliges finden, würde der Experte die Aufnahme nochmals extra überprüfen und feststellen, ob ein außerirdisches Artefakt vorliegt oder nicht. Dass heißt, eventuell findet man am Mond schon bald nicht nur die Überbleibsel von der Mondlegende Buzz Aldrin und seinen Kollegen, sondern auch ein außerirdisches Artefakt.

TRANSIT-METHODE
Der wohl kostengünstigste und zugleich sehr effektive Weg, mögliche außerirdische Artefakte zu finden, ist die sogenannte Transit-Methode. Diese findet bei der Suche nach Exoplaneten Verwendung, die aufgrund ihrer Treffsicherheit in der Exoplaneten-Forschung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Falls die Umlaufbahn eines solchen Exoplaneten aus der Sicht der Erde genauso liegt, dass er an einem Fixstern vorbeizieht, erzeugen diese Bedeckungen Absenkungen in deren Helligkeit. Durch hochpräzise Photometrie, die Helligkeitsmessung des Sterns, lässt sich das Vorbeiziehen eines Planeten feststellen. Der französische Astronom Luc Arnold vom Observatoire de Haute-Provence hat wegen deren Erfolgsquote bei der Suche nach Exoplaneten in der Transitmethode die passende Technik gefunden, nach außerirdischen Artefakten nach demselben Prinzip zu suchen. Wenn ein Exoplanet beim Vorbeiflug vor einem Stern eine spezielle Lichtkurve hinterlässt, so schlussfolgerte Arnolds, müssten das außerirdische Artefakte, vorausgesetzt wir sprechen von einem Artefakt, das sich frei durch das Weltall bewegt, auch tun. Im renommierten US-Fachmagazin „Astrophysical Journal“ publizierte Arnolds erstmals seine Theorie. „Wie schlagen einen alternativen Weg für ein neues SETI-Programm vor. Von der Überlegung ausgehend, dass künstliche planetengroße Körper um andere Sterne existieren könnten und dass solche Objekte aus der Sicht eines bestimmten fernen Beobachters immer an dem Mutterstern vorbeiziehen, erhalten wir die Chance, diese mit der Transit-Methode zu entdecken und näher zu bestimmen. Hierbei gehen wir von der Annahme aus, dass künstliche Strukturen während des Transits anders erscheinen als natürlich Körper.“  Dass Arnold hier von planetengroßen Körpern spricht, ist nur ein sekundäres Problem. Weiterentwicklungen und Verfeinerungen in der Technik werden es ermöglich, sofern der Wille da ist, auch kleinere Objekte mit dieser Methode zu erkennen.

MONEY, MONEY, MONEY
Der letzten wichtigen und leider auch grundlegenden Frage, ist wie man ein SETA-Projekt finanzieren kann. Die erste, und vermutlich unwahrscheinlichste Möglichkeit, ist die Finanzierung durch den Staat. Die Finanzierung der SETI Forschung in den USA reicht bis zum März 2011, danach waren alle finanziellen Ressourcen aufgebraucht und die Forschung kurzzeitig eingestellt. Durch private Finanziers konnte die Forschung bereits vier Monate später wieder aufgenommen werden. Die Tatsache, dass SETI an seine finanzielle Grenze (zumindest aus staatlicher Sicht) gestoßen ist, lässt es als durchaus unrealistisch erscheinen, für SETA eine staatliche Finanzspritze zu erhoffen. Im Oktober 2014 gab es die Meldung, dass die Weltraumbehörde NASA vor Kurzem bekanntgegeben hat, die „Suche nach den Ursprüngen, der Evolution und der Zukunft des Lebens im Universum“ mit 50 Millionen US Dollar zu fördern. In der für 2020 geplanten Mars-Rover-Mission soll nicht nur bestimmt werden, ob es am Mars bereits Leben gegeben hat, sondern auch welche Spuren einstiges oder noch existierendes Leben möglicherweise hinterlassen hat. Auch wenn vielleicht nicht konkret danach gesucht wird, erhöht diese Mission die Chance, auf mögliche außerirdische Artefakte auf unserem roten Nachbarn zu stoßen.

Auf meine Anfrage beim österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, dem seit Jänner 2014 offiziell auch die österreichischen Weltraumagenden zugeteilt sind, wurde mir geantwortet, dass das Ministerium jährlich 63,6 Mio. € für Weltraumtätigkeiten im Rahmen der ESA, vom EUMETSAT und dem österreichischen Weltraumprogramm ASAP zur Verfügung stellt. Die Forschung nach außerirdischen Artefakten fällt in keine der drei Empfänger. Auf meine Frage, ob die Bundesministerin Doris Bures (mittlerweile hat sie das politische Amt gewechselt) eine Möglichkeit einer Beteiligung Österreichs an einem SETA Projekt sieht, antwortet sie folgendermaßen: „Die von Ihnen angesprochenen Aktivitäten im Bereich Search for Extraterrestrial Artifacts werden bisher nicht unterstützt.  Eine Einreichung eines Projektes im Rahmen des österreichischen Weltraumprogramms ist eventuell möglich, ein entsprechendes Projekt wird jedoch nach den Auswahlkriterien des Österreichischen Weltraumprogramms von einer internationalen Jury begutachtet und bewertet.“

Menschen, die im finanziellen Bereich einen großen Spielraum haben, scheinen auch immer wieder eine gewisse Anziehung gen Himmel oder gar Weltall zu verspüren. Nur drei Beispiele dieser großzügigen Finanziers sind Richard Branson, Elan Munsk, beide Gönner der privaten Raumfahrt, oder auch der österreichische Unternehmer Dietrich Mateschitz, der mit der Finanzierung des Baumgartner-Sprungs aus der Stratosphäre auch gewisses Höhenpotential bewies. Der erste Weltraumtrip soll laut Virgin Galactic (Bransons Projekt) rund 450 Millionen Dollar verschlungen haben. Nur zum Vergleich: Branson finanziert mehr als fünfmal so viel in einen einzigen, dreistündigen Weltraumaufenthalt, als Österreich für alle Weltraumprojekte in einem Jahr zusammen. Ein Faktor, der für private Finanziers immer wichtig ist – es muss sich um eine rentable Finanzierung handeln. Das heißt, es muss auch Geld wieder zurückfließen. Das ist bei der Entdeckung eines ETA wahrscheinlich nicht einfach umsetzbar.

Eine weitere Möglichkeit, ein solches Projekt realisieren zu können, sind diverse Forschungsgesellschaften. Hier liegt es natürlich auf der Hand, wenn es um die Finanzierung eines SETA-Programms geht, dass ich sofort an die Forschungsgesellschaft für Archäologie, Astronautik und SETI denke. Als Gesellschaft, die sich mit der Suche nach außerirdischen Hinterlassenschaften beschäftigt, müsste ein derartiges Projekt natürlich im Handumdrehen realisiert sein. Nur ein kleines Problem gibt es da. So wie vielen Forschungsgesellschaften geht es auch der A.A.S. Sie ist auf das Geld der Mitglieder bzw. privaten Spendern angewiesen um Projekte wie beispielsweise die Suche nach dem Beweis finanzieren zu können. Und dann wären wir wieder beim Punkt davor. Es bräuchte einen privaten Finanzier.

Im privaten Finanzierungsbereich steht das sogenannte Crowdfunding, oder für die Feinde der Anglizismen auch selten Schwarmfinanzierung genannt, gerade im Wissenschaftsbereich hoch im Kurs. Sowie auch beim vorher beschriebenen Crowdsourcing, wo man die Internetnutzer nach Anomalien auf der Mondoberfläche suchen lässt, macht man sich auch hier die Netzgemeinschaft zu Nutzen. Mit dieser Methode lassen sich Projekte, Produkte oder Geschäftsideen finanzieren. Die Geldgeber sind hierbei eine Vielzahl von Personen, die in der Regel auch Internetnutzer sind, weil hierzu fast ausschließlich im World Wide Web aufgerufen wird. Die primäre Problematik, hier ein rentables Geschäft zu erwarten, fällt bei dieser Variante weg. Hier könnte beispielsweise das österreichisch-amerikanische Startup-Unternehmen makerSQR zum Zug kommen. Hier handelt es sich um eine Internet-Plattform, die die Demokratisierung von Forschung und Innovation verfolgt. Sie vernetzt Ressourcen mit Projekten für private wie auch kommerzielle Nutzung. Das intelligente Ressourcen Matching verzichtet dabei auf jegliche Kategorien und lässt damit bewusst auch Themengebiete zu, die nicht dem Mainstream entsprechen. Konkret auf ein SETA Programm könnte das folgend angewendet werden. Wenn man einen Ort weiß, auf dem es sinnvoll ist, danach zu suchen, man aber weder Geld, noch die dazu benötigten Gerätschaften hat, kann man sein Projekt auf makerSQR online stellen und so hoffen, dass sich Finanziers und Personen bzw. in unserem Fall Organisationen finden, die das Equipment bereitstellen.

ÖSTERREICH UND SEINE WISSENSCHAFTLER
Im November 2012 habe ich mit dem österreichischen Physiker Prof. Dr. Heinz Oberhummer, der bekennender Skeptiker ist, ein Interview geführt, indem er einräumte, dass „Spekulationen später von der Wissenschaft durchaus anerkannt werden können.“ Als ich den österreichischen Astronomen Florian Freistetter schriftlich mit SETA konfrontierte und um seine Einschätzung bat, fiel die Antwort nur sehr karg aus: „Solche Objekte hat bis jetzt niemand gefunden. Abgesehen von diversen Pseudowissenschaflern“. Auf eine weitere Reaktion meinerseits kam keine Antwort mehr.

Weiters nahm ich mit dem ersten und bis jetzt einzigen österreichischen Raumfahrer DI Franz Viehböck Kontakt auf. Auf meine Fragen zu SETA reagierte er nur sehr kurz bis gar nicht. „Kenne ich nicht, und kann daher auch über die Seriosität nichts sagen.“ Nachdem ich ihm eine ausführlich Erklärung zu SETA geschickt habe, antwortete er folgend: „Leider kann ich auch nach Ihrer Erklärung zu SETA nichts sagen. Ich verstehe auch den Begriff außerirdische Artefakte nicht.“ Auch der ehemalige langjährige Direktor der Kuffner Sternwarte, der Urania Sternwarte sowie des Zeiss Planetariums der Stadt Wien, DI Mag. Dr. Peter Habison, steht der SETA-Thematik ablehnend gegenüber. Später aber räumte er ein, „dass es außerhalb der Erde fremdes Leben im Kosmos gibt, es könnte sogar sehr wahrscheinlich sein bei Milliarden von Galaxien. Nur die räumliche und zeitliche Distanz im Kosmos macht es sehr unwahrscheinlich für uns, dieses zu entdecken.“ Liegt es nur am kleinkarierten Österreich und seinen Wissenschaftlern? Ich weiß es nicht. Natürlich sehen die verschiedenen Forscher und Wissenschaftler die unterschiedlichen Methoden unterschiedlich kritisch. In meiner Recherche habe ich den Eindruck bekommen, entweder ist der Wissenschaftler aufgeschlossen und an der SETA-Thematik interessiert, oder er kann damit gar nichts anfangen. Bei zweiterem war diese Einstellung oft mit dem Fehlen von sachlicher Kritik gepaart.

Im Rahmen meiner Auseinandersetzung mit dieser Thematik habe ich mit dem führenden Astronomen und Direktor des SETI Research Centers Dr. Seth Shostak ein Interview geführt. Shostak, der auch eine eigene Wissenschaftsradiosendung hat, nahm sehr entspannt und anschaulich zur SETA Thematik Stellung.
https://www.youtube.com/watch?v=Pprw_Nfzqd8

(Foto: ©Tatjana Ingold)


 

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