Die Österreichische Post hat dieser Tage mit einer Idee aufhorchen lassen, die mir das Geimpfte aufgehen lässt. Und das, obwohl ich die langersehnte Corona-Impfung noch nicht einmal bekommen habe. Die Österreichische Post Aktiengesellschaft, wie das Unternehmen im vollen Namen heißt, plant, in Zukunft Pakete innerhalb (sic) der Wohnung abzuliefern. Die sogenannte „Vorzimmer-Zustellung“ soll dann stattfinden, wenn niemand zu Hause ist. Die Post bekommt über ein smartes Türschloss der Firma Nuki Zutritt in die eigenen vier Wände, eine Überwachungskamera soll für Sicherheit sorgen.
Bei dieser Meldung muss ich mich fragen, warum Nachrichten im Jahr 2021 genauso klingen, wie Aprilscherze vor zehn Jahren. Es kann doch nicht ernsthaft der Plan eines Unternehmens sein, sich Zutritt in private Räume zu verschaffen? Noch dazu des Unternehmens Post AG, das nach der Privatisierung 2006 noch immer zu 52,8 Prozent in staatlicher Hand ist. Die Polizei darf nicht in den Privaträumen der Bürgerinnen und Bürger schnüffeln, also schicken sie den Postler? Meinen Zynismus zu bändigen, fällt mir in Anbetracht dieser Dreistigkeit schwer.
Für die erste Testphase dieses Projektes sucht die Post 100 Freiwillige. Ich fürchte, diese werden sich auch finden lassen. Als Argumente für die Umsetzung nennt man „größtmöglichen Komfort, moderne Zustellung und ein neuartiges Konzept“. Natürlich, wer kennt ihn nicht, den gelben Zettel im Briefkasten, wenn man die Lieferung eines Pakets wieder einmal verpasst hat? Die Post dazu weiter: „Mit der Vorzimmer-Zustellung warten Ihre Pakete direkt in Ihren vier Wänden auf Sie, auch wenn Sie nicht zu Hause sind. Sie ersparen sich dadurch Zeit, Bestellungen woanders abholen zu müssen.“
Eines der geltenden Grundrechte in Österreich ist das „Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens“. Die Österreichische Post AG nutzt die Bequemlichkeit und das mangelnde Reflexionsvermögen mancher Menschen, um dieses Grundrecht zu unterwandern. Quasi mithilfe von Faulheit zur Aushöhlung unserer Grundrechte. Dieses Ansinnen der Post wäre ein wirklich demokratiegefährdender Grund, um auf die Straße zu gehen und seinen Unmut gegen diese Schnapsidee zu äußern, anstatt wie kleine Kinder, denen man gerade den Schlecker weggenommen hat, gegen das Tragen der Maske zu brüllen. In diesem Sinne, liebe Österreichische Post: bis zu meiner Eingangstür und keinen Schritt weiter!