Schon als sie noch in ihrer Funktion als Ministerin war, übte die Frau, die sich selbst als „der einzige Mann in der Regierung“ bezeichnete, eine gewisse Faszination auf mich aus. Eine Faszination, die keinesfalls aufgrund ihrer politischen Handlungen existiert, sondern vielmehr wegen ihres Charakters. Die unkonventionelle Art, mit der die Intonationsakrobatin an komplexe und heikle Themen heranging, wirkte einerseits stümperhaft, andererseits wohltuend authentisch. Genau das fordert die Wählerschaft immer wieder von Politikern. Authentizität.
Oder wie sonst kann man sich die Unterstützungswelle in den sozialen Medien für Irmgard Griss erklären, die nach ihrem ersten Zeit im Bild Auftritt schon zu Österreichs nächster Bundespräsidentin gelobt wurde? Sie antwortete konkret und ohne viel Geschwafel auf die ihr gestellten Fragen und blieb dabei authentisch. Wieso wurde diese Authentizität, die zweifelsfrei auch das Unikum Maria Fekter besitzt, bei dieser nicht in gleichem Maße gewürdigt? Weil Fekter unkonventionell agierte? Politisch, aber vor allem moralisch problematische Entscheidungen traf?
Die Politikerin mit der Stimme, mit dem wohl größten Wiederkennungswert des Landes, ist zweifelsfrei keine, die den Weg des geringsten Widerstandes geht. Man möchte fast glauben, sie zieht die Gelegenheiten des Aneckens direkt an und macht es zur Hauptaufgabe, sich in die Nesseln zu setzen. Abgesehen von ihrer Politik – warum waren ihr Häme, Spott und vor allem die soziale Schelte immer sicher? Weil ihre Authentizität nicht der Vorstellung der breiten Masse entspricht? Weil sie mit ihrer direkten Art in geschützten Gebieten wildert? Weil sie gar eine Frau ist? „Authentizität ja, aber bitte nur so, wie ich will“, scheint der Tenor der österreichischen Bevölkerung zu sein. So funktioniert das nicht. Auch Maria Fekter hat das Recht, differenziert betrachtet zu werden. Wem es schon nicht gelingt, einzelne Personen differenziert zu betrachten, dem wird es bei komplexen, vielschichtigen Themen auch nicht gelingen.
Am 17.06.2015 entgleiste der NEOS-Abgeordnete Sepp Schellhorn verbal. Er witzelte über Fekters nicht mehr vorhandene Bikinifigur und erntete dafür vorallem via Twitter prompt heftige Kritik. Nebenbei schien Fekter für kurze Zeit zur Speerspitze des Feminismus zu avancieren. Natürlich ist diese Altherrenmanier und der dazugehörige Witz Schellhorns geschmacklos – er hat sich bereits öffentlich entschuldigt – nur wo war die Unterstützung für Fekter, als sie der Team-Stronach-Abgeordnete Luger im Zuge einer HYPO-Debatte als „betäubtes Faultier“ bezeichnete? Weil es bei der Bikiniaussage um den Feminismus und nicht um die Person Maria Fekter ging? Und wer empört sich im Sinne der armen Faultiere?
Man darf sich nicht wundern, wenn Politiker immer mehr zu Phrasendreschern werden, wenn sie bei jeder verbalen Entgleisung oder dem ein oder anderen Witz, an den virtuellen Pranger gestellt werden. Es bringt uns im Endeffekt gar nichts, wenn sich das Verhalten von Politikern nach der Gunst der Wähler richtet. Lassen wir sie sein, wie sie sind und entscheiden an der Wahlurne. Diese Art von Konformismus, der aufgrund von fehlgeleiteter Charakterverbiegung droht zu entstehen, mag zwar auf den ersten Blick als richtig empfunden werden, kann aber zu einem grundsätzlichen Verbergen der persönlichen Haltungen führen, welches in letzter Konsequenz der Politik mehr schadet, als bereits gefallene, scheinbar untragbare Aussagen. Authentisch zu sein ist zwar oft nicht einfach, aber möglich. Maria Fekter ist es, und dafür hat sie meinen Respekt.