Keine öffentlichen Glückwunschbekundungen befreundeter Parteien anderer Länder, keine Euphorie in den sozialen Medien, fast nur nüchterne bis kritische Berichterstattung deutschsprachiger Medien. Eigentlich sollte man denken, Nüchternheit und kritische Berichterstattung sei eine der Grundvoraussetzungen bei unabhängigen Medien.
Als sich Barack Obama 2008 gegen seine innerparteiliche Konkurrentin Hillary Clinton durchsetzte und nach seiner Wahl zum Kandidaten der US-Demokraten Deutschland besuchte, schrieben die Zeitungen vom „Warten auf den Heilsbringer“, von der „Ankunft des Messias“ oder gar vom „Dalai Obama“. Annett Meiritz nennt den Hype um den ersten Afroamerikaner im US-Präsidentenamt in ihrem aktuellen Kommentar im Spiegel Online folgerichtig „Obamania“. Was ist bei Hillary Clinton anders? Eine durchwegs konsequente, karriere- und selbstbewusste Politikerin wurde erstmals als Frau zur Kandidatin einer der beiden großen Parteien der USA gewählt. Man könnte annehmen, an diesem historischen Tag gäbe es im Sinne der Frauenrechte für ebenso viel Freude und Ekstase die Berechtigung.