FREIGEDACHT

Die Magie der Maschine

6. August 2021

Es gibt eine überschaubare und immer kleiner werdende Zahl an Menschen, die noch Briefe schreibt. Kein Wunder, hat sich die Fernkommunikation während der letzten Jahrzehnte doch massiv gewandelt. Mit dem Brief in seiner ursprünglichen Form konkurrieren sehr nachhaltig das Telefon, der Computer und eher weniger nachhaltig das Fax-Gerät. Mittlerweile sind es diverse Messenger-Dienste, die unseren sprachlichen Austausch auf unseren Handys übernehmen. In einer immer hektischer werdenden Welt, ist das eine konsequente Entwicklung. Der Brief ist in seiner Existenz allerdings den anderen Möglichkeiten der Kommunikation erhaben. Für ihn muss man sich Zeit nehmen. Das wahrscheinlich wertvollste Gut im Besitz jedes Menschen.

Vor wenigen Wochen gab es eine beinahe schicksalshafte Begegnung zwischen Mensch und Maschine. Eine mechanische Schreibmaschine fand nach langem Suchen meinerseits den Weg in meine Hände. Seit ich meine Briefe auf ihr schreibe und damit auch die Anschrift auf das Kuvert drucke, ist es eine gewisse Magie, die von meinen Postsendungen ausgeht. Mit der Schreibmaschine habe ich ein Instrument gefunden, mein Bemühen und meine Wertschätzung optimal auszudrücken. Ein Instrument, das mich in eine Vergangenheit reisen lässt, in der alles noch ein bisschen mühsamer war. Jeden Anschlag überdenke ich, jeden Absatz überprüfe ich ob seiner Sinnhaftigkeit. Das Schreiben strengt mich an, es gleicht Ausdauersport. Umso größer ist die Freude und Erleichterung, wenn ich das gewünschte Ziel erreicht habe. Es ist nicht bloß ein Brief, den ich dann in meinen Händen halte, sondern auch ein kleines Kunstwerk, das sehr bewusst entstanden ist. Vor allem der auditive Reiz, der von der Schreibmaschine ausgeht, ist enorm. Das Geräusch, wenn die einzelnen Typenhebel ihre Buchstaben auf das weiße Blatt Papier schlagen, unterstützt die Fokussierung genauso, wie der Geruch, der dem alten Behältnis aus schwarzem Leder entweicht, in dem die Schreibmaschine jahrelang gewartet hat, um jetzt meine Gedanken in vertrauter Schrift zu manifestieren. Dieses dezente Miachtln erlaubt es mir umgehend, in eine andere Welt einzutauchen. Eine Welt, in der es nur ein Blatt Papier, die Schreibmaschine und mich gibt.


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