NACHGEFRAGT

Heinz Oberhummer im Interview

25. November 2012

Es ist niemals auszuschließen, dass Spekulationen später von der Wissenschaft anerkannt werden.

Andreas Kirchner: Wann und vor allem warum hast Du Deinen ersten „Däniken“ gelesen?

Heinz Oberhummer: Das war in meiner Studentenzeit das berühmte Buch „Erinnerungen an die Zukunft“, wo Erich von Däniken beschreibt, dass früher Astronauten auf die Erde kamen und von den Frühkulturen als Götter interpretiert wurden, und das diese Astronauten den Menschen geholfen haben diese tollen Bauwerke zu errichten, die es in diesen Frühkulturen gibt. Das hat mich damals schon sehr interessiert und geprägt. Erst später bin ich darauf gekommen, dass das keine wissenschaftlichen Sachbücher sind, sondern teilweise Spekulationen. Damals habe ich das durchaus alles ernst genommen.

Wo siehst Du den größten Verdienst in Erich von Dänikens Arbeit?

Erich von Däniken hat über 60 Millionen Bücher verkauft. Das ist schon eine tolle Leistung. Er ist ein sehr, sehr großer Erzähler und hat auch die Menschen auf die tollen Bauwerke der Frühkulturen aufmerksam gemacht, die sonst nicht so bekannt geworden wären, wenn es nicht Erich von Däniken gegeben hätte. Das waren wirklich außergewöhnliche Leistungen. Dadurch habe ich auch persönlich kennengelernt, dass es diese Bauwerke gibt, sowie Frühkulturen, die wirklich enormes vollbracht haben.

Siehst Du Erich von Däniken als modernen Galileo Galilei bzw. Giordano Bruno?

Eher als Bruno. Galilei hat gesagt, man muss alles belegen, messen, beobachten. Während Giordano Bruno ganz anders war. Er war eigentlich ein Philosoph, wenn man so will. Bruno hat über andere Welten spekuliert, war aber kein Naturwissenschaftler. Aber, wie Recht er doch hatte, weiß man heute, dass es unzählige Welten gibt und wahrscheinlich auch Außerirdische. Was Bruno damals vorausgesetzt hat, war der Kirche natürlich ein Dorn im Auge. Für sie war die Erde das Zentrum des Universums – das war eigentlich arrogant, muss man schon sagen. Und er hat aber vollkommen Recht gehabt. Es ist niemals auszuschließen, dass Spekulationen später von der Wissenschaft anerkannt werden.

Unter welcher Bedingung würdest Du sagen: „Ja, Däniken hatte Recht.“

Er muss etwas wissenschaftlich publizieren. Was heißt wissenschaftlich publizieren? Die Wissenschaftler haben eine Methode gefunden, wo sie ununterbrochen alles kontrollieren. Peer-Review-System nennt sich das. Das heißt, bevor man etwas publiziert, wird es von Leuten vom selben Gebiet anonym begutachtet. Und das muss dann in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert werden. Das ist bei den Thesen von EvD, zumindest bisher, nicht der Fall. Und daher ist die Prä-Astronautik auch nicht Teil der Wissenschaft.

Von der Prä-Astronautik-Seite wird den Kritikern immer wieder vorgeworfen, dass sie sich zu wenig bis gar nicht mit der Thematik auseinandersetzen. Wie schaut es da bei Dir aus?

Ich bin nicht die richtige Ansprechperson, um das beurteilen zu können. Ich verlasse mich da auf meine wissenschaftlichen Kollegen aus der Archäologie und auf die Historiker. Das müssen die Wissenschaftler beurteilen, die auf diesem Gebiet tätig sind. Ich kann ja nicht alles als Wissenschaftler begutachten und nachvollziehen. Es gibt natürlich auch wissenschaftlichen Betrug, aber dieser wird durch die anderen Wissenschaftler nach ein, zwei Jahren ausgemerzt. Das muss so sein.

Wer waren Deiner Auffassung nach die „Götter“, die damals von den Menschen verehrt wurden?

Ich bin nicht gläubig. Götter wurden von den Menschen erschaffen. Einfach zu erklären: Man muss sich vorstellen, da sitzt ein Mensch in der Steinzeithöhle und draußen blitzt und donnert es. Dann kommt er natürlich auf die Idee, dass das von den Göttern gesandt wurde. Heutzutage weiß man, dass es einfach elektrische Ladungen sind. Genauso hat man immer versucht, Götter zu finden. Ich sage, Glaube ist, dass die Menschen von Göttern erschaffen wurden, und Wissen ist, dass der Mensch die Götter erschaffen hat.

Die Astrobiologie war vor rund 30 Jahren noch reine Spekulation und wurde von den anderen Wissenschaften nicht ernst genommen. Heute kann man sogar Vorlesungen an der Universität Wien dazu besuchen. Kannst Du Dir sich vorstellen, dass das gleiche Szenario mit der Prä-Astronautik auch geschieht?

Das war wirklich Spekulation. Vor 30 Jahren hat man sich gar nicht getraut, irgendwas am Schreibtisch auf der Uni über Astrobiologie liegen zu lassen, weil das einfach damals noch nicht Teil der Wissenschaft war. Aber durch die vielen Entdeckungen, dass es viele Planeten gibt, dass Leben so widerstandsfähig ist und dass man auch heute die technischen Möglichkeiten dazu hat, solche Außerirdischen zu entdecken, ist die Astrobiologie natürlich ein Wissenschaftsgebiet geworden. Bei der Prä-Astronautik kann man nie sagen, dass sie nicht irgendwann an die Universität kommt. Aber dazu müsste man Wissenschaftler finden, die etwas dazu publizieren. Sie würden das auch machen, wenn eine gewisse Chance bestehen würde, dass das bei der wissenschaftlichen Gemeinschaft durch kommt. Das, glaube ich, tut es jetzt noch nicht. Ausschließen kann man das nie. Es ist auch schon oft passiert, dass Dinge, die vorher keine Wissenschaft waren, aufgrund von Entwicklungen und Entdeckungen zu Wissenschaft geworden sind.

Wie schaut die wissenschaftliche Arbeit aus, wenn die GWUP/GKD Prä-Astronautik-Indizien widerlegt?

Es gibt zunächst die Esoterik. Das ist ein Riesengebiet in unserer Gesellschaft. Die Skeptiker-Bewegung versucht einen Gegenpol darzustellen, um zu zeigen, dass das reiner Glaube ist, und mit Wissenschaft nichts zu tun hat. In Bezug auf die Prä-Astronautik ist das dasselbe. Die Skeptiker versuchen zu zeigen und zu untermauern, warum die Prä-Astronautik keine, oder noch keine Wissenschaft ist.

Was sagst Du zu den Vorwürfen von Edgar Wunder, dass es seitens der GWUP zu wenig Offenheit und Toleranz gibt?

Wunder kritisiert ja vor allem, dass Leute, die kein Experten auf dem Gebiet sind, trotzdem die Esoterik und andere Pseudowissenschaften bekämpfen. Ich sehe da kein Problem. Man muss ja kein Experte sein. Wenn man wissenschaftlich etwas liest, dann kann man das auch vertreten. Ich sehe da keinen Grund, warum die Skeptiker/GWUP da bekämpft werden. Ich bin auch ein Skeptiker. Da hat man ja genug zu tun. Es gibt so viel Fantasien, Esoterik und religiösen Glauben, der sehr verbreitet ist in unserer Gesellschaft, dass man da auch einen Gegenpol haben muss, der das richtig stellt bezüglich der Wissenschaftlichkeit von diesen Gebieten.

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Mit Heinz Oberhummer bei seinen Alpakas ©Kirchner

Wie stellt sich die Arbeitsweise in Hinsicht auf das „Skeptiker-Syndrom“ dar?

Ich bin genauso, nur habe ich mittlerweile eine andere Methode. Ich habe gelernt, dass es nicht hilft, in eine ernsthafte Diskussion zu treten. Da trifft man auf Widerstand. Man muss so tun, als würde man auch an etwas glauben. Ich zum Beispiel glaube an die Bemmerl von meinen Alpakas. Das ist mein Talisman, die habe ich immer mit. Und dann hat man aber schon einen Schuh in der Türe von dem Gegenüber, weil die sagen „Der Professor glaubt ja auch an etwas.“ Man darf vor allem diese Leute nicht lächerlich machen, man muss darauf eingehen, und dann versuchen mit Argumenten, den zu überzeugen.

Die Wissenschaft bezeichnet viele grenzwissenschaftliche Themen als „unseriös“ und behandelt sie nicht nur erst gar nicht, sondern bringt Forscher, die sich damit auseinander setzen sogar in Misskredit. Wäre es nicht „Auftrag“ aller Forscher und Wissenschaftler, allem mit Neugier zu begegnen anstatt nur in Schubladen der Mainstream-Naturwissenschaften zu denken?

Es gibt natürlich den Mainstream, aber es stimmt nicht, dass Wissenschaftler nicht neugierig sind und nicht neue Dinge, die auch spektakulär sind oder nicht in den Mainstream passen, aufzunehmen. Zum Beispiel Dunkle Energie. Das ist etwas, was man vor zwanzig Jahren noch nicht gekannt hat. Das ist wirklich etwas Spektakuläres, nämlich dass sich das Universum immer schneller ausdehnt, und der Grund dafür ist die dunkle Energie. Kein Wissenschaftler weiß, was das ist, und trotzdem hat das Aufnahme in den Mainstream der Wissenschaft gefunden. D.h. auch exotische Ideen werden aufgenommen, aber es müssen eben Beweise oder Belegen vorhanden sein, dass diese Theorien auch der Wirklichkeit entsprechen.

Du glaubst nur an Dinge, die mit Messgeräten und sogenannten wissenschaftlichen Methoden nachzuweisen sind. Kann es nicht sein, dass es Phänomene, Energien- und/oder Informationsflüsse gibt, für die wir noch nicht die richtigen Messgeräte erfunden haben?

Natürlich. Es gibt viele Dinge, die man heute messen kann und früher nicht. Zum Beispiel Infrarot-, Röntgen- oder Gammastrahlung aus dem Weltraum. Früher hatte man nur das Licht, sonst nichts. Es gibt sicher etwas, was man heute noch nicht messen kann, aber es muss messbar sein, sonst kann ich keine Behauptung aufstellen. Vielleicht gibt’s das einmal, aber heute, wenn es noch nicht messbar ist, gibt es das auch nicht für mich. Wenn es nicht gemessen und nachgewiesen werden kann, dann ist es eine schöne Phantasie, auch gut, aber es gehört dann nicht zur Wissenschaft.

Wie schätzt Du die physikalische Möglichkeit ein, dass in einem schwarzen Loch fortgeschrittene Zivilisationen leben könnten? Was spricht dafür und was dagegen? 2011 hat Professor Vyacheslav I. Dokuchaev vom „Institut für Nuklearforschung“ an der russischen „Akademie der Wissenschaften“ Überlegungen und Berechnung vorgenommen, die den Schluss zulassen.

Das ist reine Spekulation. Das ist auch nicht Mainstream Astronomie oder Astrobiologie, das ist einfach die Behauptung eines Wissenschaftlers, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht geteilt wird. Es gibt viele solche Behauptungen, aber die müssen sich wirklich auch durchsetzen. Wenn sie das nicht tun, dann sind es Spekulationen.

Das heißt Du kannst Dir nicht vorstellen, dass …

Vorstellen kann ich es mir schon, aber es gehört nicht zur Wissenschaft. In ein schwarzes Loch kann man nicht hinein schauen, da kommt außer der Hawking-Strahlung nichts hinaus, und daher ist das auch für mich kein wissenschaftliches Ergebnis. Man muss immer unterscheiden zwischen Fantasie, Spiritualität und Kunst. Das habe ich auch in meinem Kopf, und der Realität. Der einzige Unterschied, zu den Leuten, die an etwas glauben, ist, dass ich weiß, dass das nur in meinem Kopf ist und nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Wissenschaft muss immer auch etwas mit der Wirklichkeit zu tun haben. Der Mensch kann sich die phantastischsten Sachen ausdenken. Gnome, Trolle, Weihnachtsmänner, Osterhasen – alle diese Dinge gibt es in meinem Kopf, oder in Köpfen von Menschen, aber nicht in der Realität.

Was sind die Kriterien für Wissenschaft?

Was ist Wissenschaft? Viele glauben, dass Genies wie Einstein die Wissenschaft weiter bringen. Das stimmt nicht, es ist die Methode. Die Methode, dass man alles kritisiert, hinterfragt, modifiziert, ergänzt, verbessert, widerlegt. All diese Dinge gehören zur Wissenschaft. Das hat die Naturwissenschaft so erfolgreich gemacht in den letzten 400 Jahren. Man muss sich vorstellen, vor 150 Jahren war das durchschnittliche Lebensalter in unseren Breiten 35 Jahre. Heutzutage, für ein Kind, das geboren wird, sind es 100 Jahre. Das hat alles nur die Wissenschaft gebracht. Wir haben Handys, Computer, Satelliten, wir haben das Licht. All das sind Erfolge der Wissenschaft. Die ist aber zurückzuführen auf die Methode, dass man alles überprüft, checkt und verbessert.

Worin liegen die größten Versäumnisse der Wissenschaft?

Es gibt auch in der Wissenschaft, ist auch etwas menschliches, schlechte Wissenschaft, die man nicht akzeptiert. Eine Zeit lang kann das durchaus etwas Interessantes sein oder in die Wissenschaft aufgenommen werden. Das wird alles mit dieser Methode ziemlich schnell widerlegt. Die Ergebnisse der Wissenschaft werden anders sein als heute, und vor zehn Jahren waren sie auch anders. Wissenschaft ist etwas dynamisches, zum Unterschied von Glauben, der Jahrtausende gleich bleibt. Da ändert sich nichts. Das ist der riesige Vorteil der Wissenschaft, dass sie diese Methode hat, dass alle Ergebnisse der Wissenschaft überprüft und ergänzt werden.

Manche Wissenschaftler haben mit der Zeit begonnen, die Prä-Astronautik-These zu unterstützen bzw. haben gesagt, dass es sich hier um eine durchaus sinnvolle Alternative handelt.

Es steht jedem frei, mit was er sich beschäftigt und wo sein Interesse liegt. Aber man muss sagen, dass diese Wissenschaftler eher Einzelfälle sind. Es sollte ja auch das Ziel der Prä-Astronautiker sein, dass sie in der Wissenschaft ankommen. Das geht aber nicht indem einzelne Leute sagen, super, toll, das ist richtig, sondern man muss wirklich in wissenschaftlichen Zeitschriften publizieren. Es kann sein, dass in einem Institut für Astrobiologie, Archäologie oder Geschichte ein Wissenschaftler eine wissenschaftliche Publikation schreibt und diese einreicht. Dann gehört es zur Wissenschaft. Das ist in der Prä-Astronautik bis jetzt nicht passiert. Erich von Däniken hat seine Bücher geschrieben, deswegen ist er noch nicht in der Wissenschaft angekommen. Das sind Sachbücher, aber deswegen noch keine wissenschaftlichen Publikationen nach den Kriterien der Wissenschaft.

Sagt er auch selbst nicht.

Ich kenne den Erich von Talkshows. Er ist ein ganz netter Kerl, mit dem ich mich bestens verstehe, obwohl wir natürlich auf dem Gebiet der Prä-Astronautik verschiedener Meinung sind. Ich finde es okay, wenn das seine Meinung ist, ich sage nur, dass es noch nicht in der Wissenschaft angekommen ist. Vielleicht kommt es einmal an. Weiß man nicht.

Würde ein Wissenschaftler es wagen, und würde so eine Publikation machen, der würde vermutlich zerrissen und niemals als seriös betrachtet werden.

Aber da muss man dazu sagen, wenn mehr Belege oder Beweise vorhanden wären, hätte er eine Chance, dass das nicht zerrissen wird. Viele anonyme Gutachter sagen, das ist wissenschaftlich nicht hieb- und stichfest und daher nicht publikationswürdig. Dann sitzt man da, und versucht das zu verbessern. Das ist ein wirklich mühsamer Prozess. Aber auf der anderen Seite hätten wir sonst so viele Theorien, Erkenntnisse, Modelle und Methoden, dass wir sie gar nicht mehr publizieren könnten. Es muss irgendeinen Filter geben, wo eben die Spreu vom Weizen getrennt wird. Ich glaube auch, dass man mit der Prä-Astronautik wenig Chance hätte. Darum macht es ja auch niemand. Jeder Wissenschaftler wäre erpicht darauf. Das wäre ja nobelpreiswürdig, wenn da was dran wäre. Es ist nicht so, dass die Wissenschaften nicht daran interessiert wären, solche exotischen und spektakulären Erkenntnisse aufzunehmen. Wie Du richtig sagst, er hätte wenig Chance, darum macht er es nicht.

Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, er würde zerrissen werden von den anderen Wissenschaftlern, weil es natürlich momentan nicht der Mainstream ist.

Aber es kommt in den Mainstream immer etwas Neues dazu, das darf man nie vergessen. Einstein mit der Relativitätstheorie. Das war so spektakulär, binnen ein, zwei Jahren war das im wissenschaftlichen Mainstream, weil es Beobachtungen gegeben hat, die seine Relativitätstheorie unterstützt haben.

Schauen wir, was die Zeit noch bringt.

Man kann es nie voraussagen in der Wissenschaft. Da können die spektakulärsten Dinge passieren. Ich, als junger Wissenschaftler hätte mir nie gedacht, dass es so etwas wie dunkle Energie oder Neutrinos gibt. Das ändert sich schon auch schnell. Es ist nicht so, dass die Wissenschaft ein starres Gefüge ist, weil eben die wissenschaftliche Methode auch auf Änderungen eingeht.

universum

„Kann das alles Zufall sein?“, ecowin Verlag

Siehst Du Dich als Freidenker?

Nicht als Vereinsmeier, sondern einfach, dass wissenschaftliche Ergebnisse bestimmen, was ich denke. Ich sehe mich auch als Humanist. Humanismus kann man am besten beschreiben mit: Nachdenken statt nachbeten, Diesseits statt Jenseits und Menschendienst statt Gottesdienst. Du siehst, ich bin kein religiös Gläubiger, sondern ein Atheist und vor allem ein Humanist. Unter Humanismus verstehe ich auch, dass man tolerant ist gegenüber anderen Meinungen. Bei den Religionen ist es oft so, dass sie die Wahrheit gebracht haben, und alle, die anderer Meinung sind, mussten sie mit Gewalt überzeugen. Der Humanist würde das nie tun. Obwohl ich keine Religion habe, lebe ich trotzdem sehr glücklich. Es ist zwar vielleicht ein Nachteil, wenn man nicht ins Jenseits kommt, um seine Liebsten wieder zu sehen, aber wenn wir unendliche Zeit existieren würden, dann wäre ja jeder Tag eine Null, die wir hier leben. Ich versuche aus diesem Leben das Beste zu machen. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Freunde, Bekannte, Familie. Das ist ein viel schöneres Leben, als zu sagen, dass im Jenseits alles existiert. Nein, hier, heute und jetzt. Es kommt auf uns an, nicht auf irgendwelche Versprechungen aus dem Jenseits. Ich war in einem katholischen Internat, und das werden bekanntlich die besten Atheisten. Einestages habe ich gesehen, dass es viel mehr gibt als Strafen, Folter und Sünde. Ich habe ja auch Gefühle, Spiritualität, Phantasien. Nur dass ich weiß, dass es in meinem Kopf ist. Es existiert da draußen kein Weihnachtsmann, kein Osterhase, kein fliegendes Einhorn. Man muss unterscheiden, was man sich ausgedacht hat, und was es dann wirklich gibt.

Du wirst schauen, wenn Du einmal ein fliegendes Einhorn siehst.

(lacht) Kann man aber nicht ausschließen. Das ist eben das Problem, man kann eigentlich nichts ausschließen. Auch ein fliegendes Einhorn nicht. Vielleicht gibt es das am Mars, aber bei uns nicht. Es ist auch eine Unmöglichkeit von einem Wissenschaftler zu verlangen, dass er beweist, dass es etwas nicht gibt. Zum Beispiel Gott. Aber, es ist extrem unwahrscheinlich, dass es ihn gibt. Das ist eine raffinierte und interessante Erfindung der Menschen. Das widerspricht jeder Wissenschaft, wie Karl Popper schon festgestellt hat.

Wobei Erich von Däniken unterscheidet zwischen Gott, als den Schöpfer bzw. die Schöpfung und den Göttern, sprich den Außerirdischen.

Erich von Däniken ist auch nicht religiös. Obwohl er Stellen aus der Bibel zitiert, sagt er, dass die Bibel ein Märchenbuch ist. Da hat er vollkommen Recht. Ein 2000 Jahre veraltetes Buch sagt uns heutzutage nichts mehr, und da ist EvD, was ich weiß, auch genau dieser Meinung.

Vor allem die katholische Kirche bzw. generell alle Religionen kritisiert er.

Bei uns ist die katholische Kirche bzw. der christliche Glaube vorherrschend, ich glaube aber schon, dass sich das auf alle Religionen übertragen lässt. Es kann nicht sein, dass ein 2000 Jahre altes Buch, das von einfachen Stämmen geschrieben wurde, für uns heute noch von Relevanz ist. Und es wird auch immer weniger relevant.

Da ist die Frage, wie man es interpretiert.

Es ist die Aufgabe der Theologen, die Bibel zu interpretieren. Exegese nennt man das. Man würde aber nie in der Naturwissenschaft auf die Idee kommen, dass man Bücher aus einer Zeit vor 2000 Jahren immer uminterpretiert. Dann schreibe ich gleich ein neues Buch. Ich werde doch keine Exegese bei einem Physikbuch mit der Physik von vor 2000 Jahren machen. Das kann man machen, das gehört dann zur Geschichte, hat aber mit Wissenschaft der Moderne nichts zu tun. Darin findet man sicher nicht die Quanten- bzw. die Relativitätstheorie.

Vermutlich nicht. Wenn, dann vielleicht nur versteckt. Gibt es die absolute Wahrheit?

Nein, die kann es nicht geben. Gerade die Wissenschaft ändert sich immer. Absolute Wahrheiten verkünden nur Religionen. Es gibt für mich keine absolute Wahrheit. Unsere Erkenntnisse sind so klein, auf das Universum betrachtet. Wenn das jemand sagt, ist das schon sehr verdächtig. Das ist dann Glauben, und hat mit Wissenschaft nichts zu tun.

Welches Forschungsthema findest Du für die Zukunft der Menschheit am wichtigsten? Welches interessiert Dich am meisten?

Einerseits interessiert mich natürlich die Astrobiologie, die Wissenschaft von den Außerirdischen. Gibt es sie? Wie sehen sie aus? Werden wir sie jemals entdecken? Da wird sich sicher einiges tun in der Zukunft. Heute würde ich aber nicht mehr Physik, sondern Hirnforschung studieren. Ich finde es faszinierend, dass sich unser Gehirn selbst erforscht. Wenn man sich in einen Scanner legt, kann man genau die Gehirnvorgänge studieren. Emotionen wie Liebe, Angst oder auch das Denken, Erinnerungen etc. kann man feststellen. Das würde mich sehr interessieren. Damit hängt natürlich auch künstliche Intelligenz zusammen. Das ist wirklich ein faszinierendes Forschungsgebiet, wo man auch beobachten kann, was im Gehirn passiert, wenn man nachdenkt. Jetzt bin ich leider schon zu alt, um das alles erleben zu können, aber das interessiert mich sehr.

Unterscheiden sich Deine privaten Ansichten von denen des Wissenschaftlers Prof. Oberhummer manchmal?

Ja, sicher. Wissenschaft ist das eine, aber ich habe auch Phantasie, Spiritualität und Kunst. Dies unterscheidet sich aber von der Naturwissenschaft, weil es in unseren Köpfen ist. Es ist phantastisch, was sich unser Gehirn alles ausdenkt. Nur unterscheide ich mich insofern, dass ich weiß, dass das alles nur in unseren Köpfen ist.

Würde morgen ein Außerirdischer an die Haustür der Alpakafarm klopfen, was würdest Du ihn fragen?

(lacht) Früher hätte ich ihn gefragt, ob es Gott gibt. Davon bin ich allerdings abgekommen, weil dann müsste ich auch wieder nur dem Außerirdischen glauben. Wenn sie aber zu uns kommen, dann sind sie viel weiter fortgeschritten. Das heißt vielleicht haben sie eher eine Antwort darauf, ob es einen Gott gibt, oder nicht. Vielleicht wäre aber besser: „Was habt ihr über Gott erfahren? Gibt es da irgendwelche Hinweise?“

Nehmen wir an, der Außerirdischen sagt „Ja, es gibt Gott“ und übermorgen stehst Du vor dem Antlitz Gottes. Was würdest du den fragen?

Ich würde den Gott beschimpfen. Ich würde sagen, dass er ein totaler Versager ist. Warum hat er all dieses Böse, Schlechte, Gemeine, die Katastrophen, Folter, Kriege auf die Welt gebracht? Das ist ein Versager in meinen Augen. Darum kann es ihn auch nicht geben. Wenn es ihn wirklich gäbe, wäre er der Oberversager im ganzen Universum, und das würde ich ihm auch genauso sagen.

Ich hoffe, aus der Geschichte kommst Du wieder gut raus.

(lacht)

Stell Dir vor, Du hast einen Wunsch frei. Was wäre dieser?

Eigentlich würde ich mir gar nichts wünschen, ich bin sehr zufrieden. Ich kann mir keinen Wunsch vorstellen, der erfüllbar wäre. Ich habe lange über diese Frage nachgedacht, aber mir fällt einfach nichts ein.

Das ist doch schön, oder?

Das ist sehr schön, denn das heißt, dass ich mit meinem Leben zufrieden bin.

Ich bedanke mir herzlich für das Interview.

Gerne.


 

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